LICHTMESS in Wehnsdorf - Hof: Hengststation Schadock
Lichtmess – schon lange eine Tradition in Wehnsdorf
Nach einer historisch gesehen kurzen Unterbrechung, wird in Wehnsdorf seit 1999 wieder die Lichtmess am 02. Februar jeden Jahres begangen. Mariä Lichtmess gilt, als "die Mitte" des Winters. Zu diesem Zeitpunkt durften früher Knechte und Mägde kündigen und der Bauer hatte noch Gelegenheit sich vor dem Einsetzen der Feldarbeit, um neue Arbeitskräfte zu kümmern. Historisch entstanden ist die Lichtmess neben dem religiösen Hintergrund aus der Bildung der „Interessentengemeinden“ , am Anfang des 19. Jahrhunderts. Bereits 1811 wurde offiziell die Leibeigenschaft in Preußen per Gesetz abgeschafft, aber erst mit den Stein- Hardenbergschen Reformen Mitte des 19. JH., praktisch umgesetzt. In sog. Rezessen (Vertrag über strittige Fragen) erfolgte ein Interessenausgleich zwischen den Gutsherren und den nun freien Bauern. Die Seite der Bauern wurde bei diesen Verhandlungen von den „Interessengemeinden“ vertreten, deren Sprecher der Bürgermeister – damals auch Dorfrichter genannt – war.
Derartige Verträge wurden in allen Gutsdörfern ausgehandelt. Dies führte zu Zahlungen der Bauern an einen „Ausgleichsfonds“ für die Gutsherren und Landabtretungen an das Gut. Der Originalvertrag für Wehnsdorf ist im Ort noch vorhanden. Der Grundgedanke zur Bildung der Interessentengemeinde war, die Landwirtschaft für jeden Bauern wirtschaftlicher zu gestalten:
So wurde im Dorf gemeinschaftlich der Zuchtbulle oder -eber angeschafft, der dann von Jahr zu Jahr von einem anderen Hof gehalten und versorgt werden musste. Dazu bekam der Bauer das Recht die sog. Bullen- oder Eberwiese, wie sie als Flurstücksbezeichnung auch in anderen Dörfern noch bekannt sind, zu bewirtschaften. Die ordnungsgemäße Haltung kontrollierten die Teilnehmer der Lichtmess. Traditionell wurde die Lichtmess streng unter Männern abgehalten, galten doch die Frauen als nicht „rechtsfähig“ – nach BGB. An diesem Tag wurden der Bulle und der Eber in Augenschein genommen und gewogen. Bullen- und Eberhalter bewirteten die Erschienenden mit je einer Flasche Schnaps als Koks (doppelter Gelber mit 3 Kaffeebohnen und 1 Stück Würfelzucker). Im Anschluss legte man fest, wer im nächsten Jahr den Zuchtbullen und –eber halten musste.
Die Kriegsjahre, sowohl des ersten als auch des zweiten ergaben dann, das die Interessentengemeinden zu dieser Zeit eine wichtige Säule im ländlichen Leben der meisten Dörfer war.
Auch als mit der LPG-Bildung der ursprüngliche Sinn der Interessentengemeinde nicht mehr da war, wurde die Lichtmess noch jahrelang weiter begangen. Frauen durften nur daran teilnehmen, wenn es auf dem Hof keine Männer mehr gab. Was traditionell aus der „Männerwirtschaft“ noch weitergeführt wurde ist, dass man zur Lichtmess in Stiefeln zu erscheinen hat – ob Mann oder Frau. Dies belegen unter anderem die noch vorhandenen Lichtmessprotokolle ab 1936.
Seit 1999 hat der Heimatverein Wehnsdorf e.V. diese alte Tradition wieder aufgegriffen, um die vielfältigen Wandlungen der Landwirtschaft im Laufe der Jahre aufzuzeigen. Mal hinter die Torhäuser schauen zu können, womit sich Landwirte heute auseinandersetzen müssen und welche Erfolge sie vorzuweisen haben, das kann man bei der Lichtmess erleben und dabei noch frisch gebackenen Klemmkuchen, Speck- oder Zwiebelkuchen genießen. Natürlich darf das eine oder andere Gläschen Koks nicht fehlen.
Dankbar sind wir deshalb, dass uns die Hengststation Schadock, der Landwirtschaftsbetrieb Wache und der Kaninchenzüchter Richter immer wieder einen Einblick hinter die Kulissen gewähren.
Text: Johannes Wurms
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Wehnsdorfer LICHTMESS 2016 (DI, 02. Februar 2016)